Rhododendronblüte

 

Mittwoch, 22.05.2013

Vor gut zwei Stunden sind wir in London Heathrow gelandet und nun erwartet uns an diesem Nachmittag bereits der erste Garten auf unserer Reise: Wisley, seit über 100 Jahren das Stammhaus der Royal Horticultural Society, Ausbildungsstätte für Generationen von Gärtnern und ‚der‘ Versuchsgarten Englands. Die Pflanze, die hier auf diesem mageren Boden und unter den nicht gerade optimalen klimatischen Voraussetzungen wächst, gedeiht auch überall sonst in England. Bei kühlem aber trockenem Wetter erkunden wir nicht nur die Kakteen und tropischen Pflanzen im Gewächshaus sondern geniessen auch die Anpflanzungen in dem fast 100 ha grossen Gelände. Dank des langen Winters in England stehen die Rhododendren rund um die Skulptur von Henry Moore erst jetzt in voller Blüte und sogar blühende Kamelien sind noch zu finden.

Wisley Garden

Nach fast drei Stunden machen wir uns auf den Weg zu unserem ersten Hotel am Rand des Flughafens Heathrow.

 

Donnerstag, 23.05.2013

Heute steht die britische Hauptstadt London auf dem Programm – für die einen ganz gemütlich und individuell, für den grösseren Teil der Gruppe heisst es aber ‚früh aufstehen‘, denn wir haben Karten für die Chelsea Flower Show, die in diesem Jahr zum 100. Mal stattfindet. Also machen wir uns kurz nach 8 Uhr morgens auf zur U-Bahn Station und fahren unerschrocken während des Berufsverkehrs zum Sloane Square. Dort geht es nur noch ‚first left – second right‘ und schon sind wir am Gelände des Royal Hospital, das sich alljährlich für 5 Tage in das Mekka der Blumenfreunde aus aller Welt verwandelt.

100. Chelsea Flower Show

Es ist schon viel los, aber dank der freundlichen Art und Disziplin der angelsächsischen Besucher haben andere Gäste gar keine Chance in Hektik zu verfallen oder gar zu drängeln. Somit kommen auch die Fotografen zu zahllosen Bildern. Welcher Trend ist heuer erkennbar? Am einfachsten kann man das wohl mit ‚zurück zur Natur‘ überschreiben. In den meisten Schaugärten geben Wildpflanzen den Ton an und ein ‚geordnetes Durcheinander‘ bestimmt das Bild. Vielfach herrschen Weiss und Blautöne vor. Die neuesten Blumenzüchtungen und kunstvollen Gestecke im grossen Pavillon beeindrucken alle Besucher und hier kann man auch die zwei oder drei kurzen Schauer trocken überstehen. Fazit: die Chelsea Flower Show ist (wieder) ein phantastisches Erlebnis, von dem jeder früher oder später ‚geschafft‘  ist und entweder direkt ins Hotel zurückkehrt oder noch ‚swinging London‘ unsicher macht.

 The M&G Centenary Garden - 'Windows through Time' - Chelsea Flower Show 2013

Freitag, 24.05.2013

Kurz vor 9 – alle Reiseteilnehmer sind, alle Koffer sind da und unsere Reiseleiterin Susan auch, doch wo steckt unser Bus? Mit einigen Minuten Verspätung kurvt unser Fahrer Andrew auf den Parkplatz – unterwegs gab’s einen Stau wegen eines Unfalls und das Thema ‚Stau‘ soll uns leider noch häufiger auf dieser Reise begegnen. Wenige Minuten später geht‘s los,  wir verlassen London – und an der ersten Ampel treffen wir bereits auf Fans von Bayern München, die für das Champions League Finale am Samstag in London angereist sind.

Zunächst führt uns unsere Fahrt nach Kent, dem östlichsten Punkt unserer Tour. Hier steht eine Weltberühmtheit auf unserem Programm: Sissinghurst Castle Garden. Vita Sackville-West und ihr Mann Harold Nicolson kauften das Anwesen 1930 sehr günstig – es bestand zu diesem Zeitpunkt nur aus mehr oder weniger verfallenen Ruinen und dem dazugehörigen verwilderten Grundstück. Innerhalb von nur zwei Jahren schufen sie ein bewohnbares Heim und legten die unterschiedlichen Gartenbereiche an, der ‚weisse Garten‘ ist der wohl berühmteste davon. Trotz des leichten Regens zieht uns diese zauberhafte Gartenanlage in ihren magischen Bann.

Sissinghurst Castle Garden - Statue im Garten

Nach einer kleinen Stärkung im Tearoom von Sissinghurst setzen wir gegen 13.30 Uhr unseren Weg Richtung Southampton fort, doch bereits kurz nach Abfahrt erwischen uns die ‚Grossen S‘: Sturm, Sch…regen und Superstau – wir hängen dank des beginnenden langen ‚Bankholiday Wochenendes‘ auf dem Motorway fest. Auch wegen des schlechten Wetters müssen wir schliesslich den geplanten Besuch von Exbury Garden streichen und legen dafür einen rund einstündigen Stop in der Stadt Winchester ein. Diejenigen, die dem Wetter trotzen und sich unserer Susan anschliessen, erleben eine pittoreske englische Kleinstadt, in der wir – bei besserem Wetter – garantiert etwas länger verweilt hätten. Da aber bekanntlich die Geschäfte in England um 17.30 Uhr schliessen, setzen wir kurze Zeit später den Weg nach Southampton fort zu unserem Hotel für diese Nacht.

 Winchester - Brücke

Samstag, 25.05.2013

Heute heisst es wieder früh aufstehen, aber dafür hat das Wetter ein Einsehen und begrüsst uns mit einem weissblauen Himmel (na, wenn das mal kein gutes Omen ist) und einigen Windböen. Unser erster Halt ist, wiederum nach einem diesmal allerdings kürzeren Stau, Stonehenge, das die UNESCO 1986 zum Weltkulturerbe erklärte. Die frühe Abfahrt vom Hotel hat sich ausgezahlt, denn wir haben den geheimnisvollen Steinkreis fast für uns allein, können in Ruhe den Erklärungen lauschen und die eigene Atmosphäre dieser geheimnisvollen Kultstätte auf uns wirken lassen.

 Stonehenge

Über kleine Nebenstrassen geht es weiter durch die Grafschaft Wiltshire zu unserem nächsten Ziel: Stourhead, einen der bekanntesten Landschaftsgärten Englands. Ein gewundener Rundweg führt uns am Herrenhaus vorbei, rund um den See und endet schliesslich im Tal an der kleinen Dorfkirche St. Peter's. Viele Male bleiben wir stehen, geniessen die malerischen Ausblicke und Sichtachsen, bewundern die Skulpturen in der Grotte, den eindrucksvollen Pantheon und die weiteren, der Antike nachempfundenen Bauten. Wer hat dieses kleine Paradies erschaffen? Hier war kein ausgebildeter Gartengestalter am Werk sondern ein naturbegeisterter Gartenbesitzer. Der Bankier Henry Hoare jun. - später 'The Magnificient' genannt - erbte den Landsitz 1741. Er war erst kurz zuvor von einer ausgedehnten Europareise zurückgekehrt, wo er besonders Italien und seine Kunstschätze besucht hatte. Nun liess er einen Landschaftsgarten nach seinen Vorstellungen anlegen, wobei er sich vor allem von den Schriften Vergils und klassischen Landschaftsgemälden inspirieren liess. Stourhead war bereits im 18. Jh. so berühmt, dass für die vielen Besucher ein Gasthof zur Unterbringung errichtet werden musste. Hoare's Erben interessierten sich mehr für exotische Bäume und Sträucher und pflanzten u.a. Rhododendren und Kirschlorbeer, die in diesem Mikroklima ausgezeichnet gedeihen - wir erleben einige dieser Prachtexemplare auf unserem Rundgang in voller Blüte. Zwischen den alten Grabsteinen neben der kleinen Dorfkirche stärken wir uns noch zum Abschluss mit köstlichem selbstgebackenem Kuchen und frischem Kaffee, der hier von Mitgliedern der Kirchengemeinde verkauft wird. Die Einnahmen werden dringend gebraucht für ein neues Kirchendach, denn das wurde geklaut!

Stourhead - Blick auf die Palladiobrücke

Durch die abwechslungsreiche Landschaft von Somerset und Devon geht es weiter nach Plymouth. Hier erleben wir einen spannenden Fernsehabend in der Hotelbar. Überwiegend weibliche Fussballanhänger, sowohl von Borussia Dortmund als auch von Bayern München, verfolgen das Champions League Finale und begiessen anschliessend ganz friedlich miteinander den Sieg der Bayern, sehr zum Erstaunen zweier - männlicher - holländischer Hotelgäste.

 

Sonntag, 26.05.2013

Cornwall, wir kommen! Auf Vorschlag von Andrew und Susan unternehmen wir bei Kaiserwetter zunächst noch eine kleine Rundfahrt durch die Hafenstadt Plymouth bevor es auf schmalen, kurvenreichen Strassen weitergeht nach Polperro, einem pittoresken kleinen Fischerort an der Südküste von 'Rosamunde Pilcher Country'. Hier streifen wir durch die Gassen des malerischen Städtchens, geniessen den Ausblick vom höhergelegenen Küstenpfad auf die eindrucksvolle Küste und probieren köstliche Cornish Pasties (gefüllte Teigtaschen) und Fudge (weiche Sahnebonbons) in verschiedenen Geschmacksrichtungen.

 Polperro - Post Office

Nach diesem Besuch an der Küste ist Kontrastprogramm angesagt: wir machen einen kleinen Abstecher zum 'Jamaica Inn' im Bodmin Moor, einer fast menschenleeren kargen Hochmoorlandschaft im Landesinneren von Cornwall.

Bodmin Moor - Stechginster

Am Nachmittag steht mit Lanhydrock nicht nur ein ein äusserst sehenswertes Victorianisches Herrenhaus auf unserem Programm sondern auch ein weiterer interessanter Garten. Hier beeindrucken uns neben den formalen Gärten rund um das Anwesen die umliegenden Waldgärten mit ihren prachtvollen Kamelien, Magnolien und Rhododendren, und der Waldboden ist bedeckt von blaublühenden Hasenglöckchen. Im Haus wird uns eindrucksvoll gezeigt, wie die 'Herrschaft' und ihre 'dienstbaren Geister' vor gut 100 Jahren lebten und arbeiteten. Alle Räume sind liebevoll restauriert und ausgestattet. Besonders die zahlreichen Küchenräume ziehen uns in ihren Bann und mehr als ein Tigerfell in den Salons erinnert an den alljährlichen Silvesterklassiker 'der 90. Geburtstag'.

Lanhydrock - formaler Garten

Bei besten Lichtverhältnissen legen wir noch einen Fotostop am St. Michael's Mount ein, bevor wir unser Hotel im Nachbarort Penzance beziehen.

 St. Michael's Mount

 

Montag, 27.05.2013

Die Lost Gardens of Heligan - was für eine sagenhafte Geschichte! Bis zum Beginn des 20. Jh. zählte Heligan zu den schönsten Gärten Cornwalls, wurde jedoch im 1. Weltkrieg aufgegeben, verfiel und die Natur eroberte sich das Gelände zurück. Ende der 1980er Jahre wurde der Garten wiederentdeckt und ab 1990 mit Hilfe namhafter Botaniker, Gartenhistoriker und zahlloser ehrenamtlicher Helfer restauriert, das gartenbegeisterte England feierte diese Aktion als Gartenrestaurierung des Jahrhunderts. Besonders der Dschungel, gewaltige Gunnera und die märchenhaften Figuren ziehen uns in ihren Bann.

Heligan - Mud Maid

Bisher hat es Petrus an diesem Tag gut mit uns gemeint, doch bei unserer Abfahrt von Heligan beginnt es zu tröpfeln. Eine  kurze Zugfahrt führt uns von St. Erth nach St. Ives und hier öffnet Petrus nun alle Schleusen. Es regnet nicht mehr, es schüttet, und zudem muss auch noch die Tate Galerie wegen eines Feuerwehreinsatzes kurzfristig geschlossen werden. Schade, so werden wir den kleinen malerischen Badeort wohl nur in ‚nasser‘ Erinnerung behalten.

St. Ives im Regen

Unser Busfahrer Andrew möchte uns zum Abschluss des Tages noch eine Freude machen und fährt die schmale kurvige Küstenstrasse von St. Ives Richtung Land‘s End – eine Strecke, die die Busfahrer wegen der schwierigen Strassenverhältnisse normalerweise entrüstet ablehnen. Der Regen hat sich zwar gelegt, aber nun müssen wir wegen Nebelschwaden bei St. Just auf die Querstrasse nach Penzance abbiegen. Ein wenig später erstrahlt ein Regenbogen über der Südküste – ein gutes Zeichen für morgen?

 

Dienstag 28.05.2013

Die Sonne strahlt vom Himmel – und Andrew fährt nochmals mit uns nach Land’s End, diesmal allerdings auf der Hauptstrasse. Dort erwartet uns ein Begrüssungskommitee – uns? Nein, die jungen Damen stehen dort und warten auf eine Gruppe von Radfahrern, die eine Langstreckentour durch Grossbritannien von weit über 1000 km hinter sich haben. Wir geniessen den Ausblick nach Westen über den offenen Atlantik, denn den westlichsten Zipfel Englands und den Nordamerikanischen Kontinent trennt nur die See.

Land's End - Wegweiser

Nun geht es weiter Richtung Truro und an die Mündung des Fal – Trelissick Garden and Park steht auf unserem Programm. Seine unterschiedlichen Besitzer pflanzten einst Bäume  an, um den empfindlicheren Pflanzen Schutz vor Sturm und Kälte zu bieten. Der beachtliche Baumbestand wurde durch exotische Gewächse angereichert, die von Reisen nach Nord- und Südamerika und dem Fernen Osten mitgebracht wurden. Seit Ende des 19. Jh. prägt eine gewaltige Japanische Sicheltanne die grosse Rasenfläche und die umgebenden Beete sind sorgfältig bepflanzt. Aber es gibt auch einfache Blumenwiesen, blühende Sträucher und Bäume und immer wieder malerische Ausblicke auf die Bucht. Über eine kleine Holzbrücke, die die Zufahrtsstrasse zur Fähre überquert, erreicht man einen offenen Gartenbereich mit sehr altem Baumbestand. Hier verbinden lokale Künstler die Natur mit ihren experimentellen Werken – interessant, aber nicht jedermanns Geschmack.

Trelissick Garden

Pünktlich um 14 Uhr fahren wir in Trebah ein, denn im dortigen Tearoom werden wir schon zu ‚Cream Tea‘ mit frischgebackenen Scones, clotted cream und Erdbeermarmelade erwartet. Frisch gestärkt erkunden wir dann wohl einen der schönsten Gärten Cornwalls. Auf schmalen Pfaden geht es durch eine geschützte Schlucht hinunter zur Küste, vorbei an kleinen Wasserläufen, tropischen Pflanzen, gewaltigen Gunnera und urzeitlichen Baumfarnen. Am Ende des Wegs wartet ein kleiner Privatstrand auf die Besucher. Hier wurden 1944 amerikanische Soldaten und Kriegsgerät für die Landung der Alliierten in  Frankreich eingeschifft und das Andenken an dieses Ereignis wird bis heute bewahrt. Der Strand ist aber auch zum Vergnügen da: hier kann man ein Picknick machen, spielen, im Sand buddeln - oder baden gehen. Eine ältere Engländerin lässt sich von dem, von uns gefühlt, 12° kalten Meerwasser nicht abhalten und stürzt sich ‚eisern wie Miss Marple‘ in die Fluten – Respekt!

Trebah Garden - Wassergarten

Am späten Nachmittag machen wir uns voller phantastischer Eindrücke ein letztes Mal auf den Rückweg zu unserem Hotel.

 

Mittwoch, 29.05.2013

Kinder, wie die Zeit vergeht… Heute geht es zurück in die Heimat. Pünktlich um 8.30 Uhr verlassen wir Penzance und machen uns zunächst auf den Weg nach Plymouth, wo wir eine Mitreisende am Bahnhof absetzen, weil sie noch einige Tage länger in England bleiben wird.

Ein Kleinod liegt noch vor uns: Tintinhull House Garden in Somerset. Das Grundstück misst etwa 4000 qm, das die Gartenliebhaberin Phyllis Reiss ab 1933 mit Hilfe von Mauern und Hecken in sechs einzelne Gartenräume unterteilte und daraus ein wahres Gartengesamtkunstwerk schuf. Ihr Pflanzstil wurde auch nach ihrem Tod vom National Trust bewahrt. Zwischen 1979 und 1993 lebte und wirkte hier auch die prominente Gartengestalterin Penelope Hobhouse und veröffentlichte einige ihrer bekanntesten Gartenbücher in dieser Zeit.

Tintinhull House Garden - Gartenmauer

Langsam heisst es Abschied nehmen, wir sind wieder am Flughafen London Heathrow. Nach letzten Einkäufen und einer kleinen Stärkung fliegen wir zurück nach Deutschland mit vielen Erinnerungen an nette Mitreisende und wunderschöne Gärten im Gepäck - und mit Plänen und neuen Ideen für unsere eigenen kleinen (Garten-) Paradiese.     

                  Pfingstrose (Paeonie)

 

Weitere Fotos zu unserer Gartenreise finden Sie in der Bildergalerie unter 2013 - Gartenreise Südengland und Cornwall.

 

Ihnen hat diese Reise gefallen? Dann schauen Sie doch einmal in unser aktuelles Programm - vielleicht treffen wir uns ja auf einer unserer nächsten Touren...