12.06.2014
Bei herrlichem Sommerwetter und fast auf die Minute pünktlich landen wir zur Mittagszeit in London, wo wir bereits von zwei Mitreisenden und unserer Reiseleiterin Susan erwartet werden. Unser 'Coachdriver' Stuart - 'Busdriver' wäre für den Fahrer eines Reisebusses ja eine Beleidigung - stösst auch nach einiger Zeit zu uns, die Koffer werden verladen und los geht's zu unserem ersten Garten.
Nach etwa zweistündiger Fahrt erreichen wir Pewsey, wo wir bereits in 'Sharcott Manor' erwartet werden. Mrs. Armytage, 84 Jahre jung und trotz einer Hüftoperation vor wenigen Monaten bereits wieder sehr mobil, begrüsst uns mit einem klassischen Cream Tea auf der Rasenfläche hinter ihrem Haus: verschiedene Kuchen, Gurkensandwiches und natürlich Scones mit clotted cream und Erdbeermarmelade sowie Kaffee, Tee und hausgemachte Holunderlimonade warten darauf, von uns verspeist zu werden. Ein Genuss! Von unserem gemütlichen Standort aus bewundern wir die beiden bepflanzten Gartenräume - aber da gibt es ja noch viel mehr zu sehen. Unsere Gastgeberin lässt es sich nicht nehmen, uns persönlich auf dem grossen Grundstück herumzuführen. Die Streuobstwiese, ein romantischer Wasserlauf mit dichtem Uferbewuchs und ein idyllischer Teich gehören genauso dazu wie ein Rasentennisplatz, ein kleiner Gemüsegarten und immer wieder liebevoll bepflanzte Blumeninseln und bunten Rabatten.
Wir können uns kaum losreissen, aber gegen 18 Uhr nehmen wir doch Abschied und fahren weiter nach Chippenham, wo wir die nächsten drei Nächte verbringen werden. Nach einem ersten Drink im rosenbepflanzten Innenhof unseres Hotels und einem guten Abendessen geht unser erster ereignisreicher Reisetag zu Ende.
13.06.2014
'Susan, wie weit müssen wir denn jetzt fahren?' ist eine der Fragen beim Frühstück. Aber heute Morgen brauchen wir zunächst nur die Strasse zu überqueren und schon sind wir im Garten von Joy und Paul. 'Sweet Briar Cottage' ist ein von der Strasse aus nicht einsehbarer Stadtgarten mit Gemüseanpflanzungen und Obstbäumen aber auch einer grossen Auswahl an Rosen und Kletterpflanzen. Nach rund einer Stunde verabschieden wir uns von diesem kleinen Paradies, ausgestattet mit so manchem hilfreichen Gartentipp.
Wir fahren mit dem Bus weiter ins nahegelegene Bradford on Avon, einer geschäftigen Kleinstadt mit einem pittoresken Stadtkern. Auf einem kleinen Rundgang geht es auf schmalen, teils steilen Gassen u.a. zur St. Lawrence Kirche aus dem 8. Jahrhundert und weiteren historischen Gebäuden. Nach einer kleinen Mittagspause, die jeder individuell für einen weiteren Bummel durch das interessante Städtchen, Einkäufe oder eine Verschnaufpause in einem der Pubs nutzt, bringt uns Stuart ein paar Strassen weiter zu unserem nächsten Ziel.
'Priory House' - ein Stadthaus im gregorianischen Stil - wurde vor 10 Jahren gekauft und der Garten seit 2007 angelegt. 'Seither geht mein Mann meist allein zum golfen, ich spiele vielleicht noch ein Mal pro Woche - dafür bin ich hier lieber mit dem Garten beschäftigt' erzählt uns die stolze Besitzerin bei Tee und Kuchen auf ihrer Terrasse. Dieser liebevoll gestaltete Stadtgarten kann sich auch wirklich sehen lassen.
Unseren Gartentag beschliessen wir etwas ausserhalb von Bradford on Avon in 'Iford Manor', dem Garten von Harold Peto. Hier lebte und arbeitete der bekannte britische Architekt und Gartengestalter ab 1899 bis zu seinem Tod 1933 und schuf den grossartigen Hanggarten überwiegend im italienischen Stil. Aber auch ein kleiner fernöstlicher Gartenteil darf nicht fehlen. Aus den Gebäuden erklingt immer wieder klassische Musik und ein Schar von ehrenamtlichen Helfern installiert Lampen oder trägt Stühle zum Klostergebäude. Heute Abend findet hier in intimem Rahmen eine Opernaufführung statt - welch bezaubernde Stätte für klassische Musik.
Wir haben aber ein anderes Abendprogramm vor uns: das heutige Abendessen nehmen wir nicht im Hotel ein, sondern in einem urigen, historischen Pub im Nachbarort. Zuvor legen wir aber noch für ein paar Minuten einen kurzen Zwischenstopp in Lacock ein, einem kleinen pittoresken Dörfchen, das schon in so manchem - nicht nur Harry Potter - Film als Kulisse diente.
14.06.2014
Eigentlich war das Programm ja anders gedacht, aber der Besitzer der 'Abbey House Gardens' hatte kurzfristig gebeten, ihn nicht erst am Nachmittag sondern bereits morgens zu besuchen. Kein Wunder - ganz Malmesbury bereitet sich auf eine historische Veranstaltung vor, die die Besucher in die Zeit des Bürgerkriegs Mitte des 17. Jahrhunderts zurückversetzt und das ganze Wochenende dauern wird. Und 'Abbey House Gardens' liegt mitten im Zentrum des Geschehens. So unternehmen auch wir erst einen kleinen Rundgang um die alte Abtei und werden dann von Ian Pollard zu einer persönlichen Führung durch sein Gartenreich eingeladen.
Ian und Barbara Pollard kauften das Anwesen 1994 und schufen ein wahres Paradies unterschiedlichster Gartenräume und Areale. Beide wurden weit über die Grenzen Englands als die 'nackten Gärtner' von Abbey House Gardens bekannt und bislang gibt es immer wieder spezielle Termine, an denen Nudisten unbekleidet die Anlage besuchen können. Mit dieser Herrlichkeit kann es leider schnell vorbei sein. Das Ehepaar Pollard geht seit einiger Zeit getrennte Wege und das Anwesen steht jetzt nach der Scheidung zum Verkauf. Ian Pollard bemüht sich zwar, einen Käufer zu finden, der die Gärten auch künftig der Öffentlichkeit zugänglich macht, bislang aber noch ohne Erfolg. Wir halten ganz fest die Daumen, dass noch viele Gartenfreunde nach uns dieses Kleinod besuchen können.
Auf unserem Weg nach Bath stoppen wir an der 'Walled Garden Nursery', einer Spezialgärtnerei für Klematis. So manches kleine oder etwas grössere Pflänzchen wechselt hier den Besitzer und auch ich erstehe eine stattliche 'Princess Kate' von rund 60 cm Länge. Doch davon mehr ganz am Schluss ....
Wir sind in Bath - eigentlich Mittagszeit - und Susan und ich verlangen unserer Gruppe schon sehr viel Verständnis und Kooperation für unser geändertes Programm ab. Wir wollen ohne Pause vom Royal Crescent in die Innenstadt laufen und dann erst Freizeit geben. Man kann das Ganze natürlich auch in umgekehrter Reihenfolge machen - aber warum bestehen wir so auf diese Richtung? Der einfache Grund: das Royal Crescent liegt auf einem der Hügel und wir gehen somit bergab in die Stadt - bei den sommerlichen Temperaturen und dem doch recht beachtlichen Gefälle die richtige Entscheidung, wie nach kurzer Zeit alle feststellen. In der quirrligen Innenstadt von Bath haben wir dann anschliessend genügend freie Zeit für ein spätes Mittagessen und auch Besichtigungen nach eigenem Gusto und Einkäufe kommen nicht zu kurz.
Den Abend verbringen wir ein letztes Mal in Chippenham, denn morgen wechseln wir unseren Standort.
15.06.2014
Mit 'Sack und Pack' - ich nenne es immer die wundersame Vermehrung des Handgepäcks - geht es heute Richtung Norden. Stuart chauffiert uns über die teils schmalen Nebenstrassen. Noch ist es recht ruhig, England schläft an diesem Sonntagmorgen wohl die späte Übertragung des ersten WM Spiels des englischen Fussballteams aus, aber bald nimmt der Verkehr zu und Gruppen von Radfahrern tummeln sich auf unserer Route. 'Hidcote Manor' ist heute unser erstes Ziel und nicht nur wir haben uns für einen Sonntagsausflug in diesen berühmten Garten entschieden.
'Hidcote Manor' entstand Anfang des 20. Jahrhunderts und wurde von Lawrence Johnston im Stil der Arts and Crafts Bewegung angelegt. Johnston verfügte über keinerlei gärtnerische Vorbildung, schuf aber mit viel Geschick und Esprit individuelle Gartenräume unterschiedlicher Grösse, die mit Mauern oder Hecken voneinander abgegrenzt werden. Dadurch entsteht in diesen Gartenzimmern ein milderes Kleinklima, das die empfindlichen Pflanzen vor den oft rauen Winden der Cotswolds schützt. Prächtige Rabatten und Anpflanzungen inspirieren hier einfach jeden Gartenliebhaber. Hidcote Manor ist seit 1948 im Besitz des National Trust und wird komplett im Stil von Lawrence Johnston erhalten.
Ganz anders in 'Kiftsgate Court Gardens', das gleich nebenan liegt. Kiftsgate entstand ab 1920, die Besitzer der beiden Anwesen kannten sich und tauschten ihre gärtnerischen Erkenntnisse aus. Kiftsgate blieb jedoch über die Jahrzehnte in Privatbesitz und mittlerweile haben hier drei Generationen von engagierten Besitzerinnen und damit auch Gärtnerinnen ihre Spuren hinterlassen. Jede Generation hat ihren persönlichen Stil in einem Teil des Gartens verwirklicht und so entdeckt man auch sehr moderne Areale. Und man findet hier die berühmte Kiftsgate - nach etwas Suchen - nicht, weil sie so klein ist, sondern diese gigantische Ramblerrose (ca. 20m breit und 20 m hoch!) steht erst etwas später in Blüte und hebt sich momentan kaum vom Grün ihrer Umgebung ab. Nach einer kleinen Stärkung im Cafe geht es weiter zu unserem letzten Garten für heute.
'Rousham Gardens' ist seit Jahrhunderten im Besitz der Familie Dormer, die sich nach Kräften um den Erhalt des Anwesens bemüht. William Kent schuf die Anlage in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und sein Werk hat die Zeit fast unverändert überdauert. Auf unserem Rundgang macht Susan uns immer wieder auf die Sichtachsen und Bezugspunkte aufmerksam, die Kent vor rund 300 Jahren plante. Allerdings schwebt über Allem eine sehr melancholische, mitunter sogar etwas düstere Stimmung. Erst rund um das historische Taubenhaus wird es bunt: in diesem Jahr haben sich in den Buchsornamenten Fingerhut und Mohn zu Hauf selbst ausgesamt und entzünden gerade ein wahres Farbfeuerwerk - vermutlich sehr zur Freude der Besitzer, die so ein Teil ihres sehr mageren Budgets für die Bepflanzung einsparen konnten.
Nach einer guten halben Stunde Fahrt erreichen wir dann unser Hotel etwas ausserhalb von Oxford, unser Quartier für die nächsten beiden Nächte.
16.06.2014
Für die letzten beiden Tage ist nun Chris unser Fahrer, Stuart muss seinen vorgeschriebenen Pausentag nehmen und hat sich am Vorabend von uns verabschiedet.
Heute steht offiziell ein 'gartenfreier' Tag auf unserem Programm, wir lernen Oxford kennen. Auf unserem interessanten Rundgang durch die Innenstadt sehen wir so manche 'Ecke', die dem einen oder anderen recht bekannt vorkommt - britische Krimiserien dienen also nicht nur der Unterhaltung....
Eines der rund 40 Colleges schauen wir uns genauer an: 'the House', wie das 'Christ Church College' respektvoll genannt wird, wurde von Kardinal Wolsey unter Heinrich VIII. im 16. Jahrhundert gegründet. Etwa die Hälfte der britischen Premierminister studierte hier und der Autor Lewis Carroll fand hier in der Tochter des Dekans das Vorbild für seine 'Alice im Wunderland'. Derzeit lernen etwa 500 Studenten in diesen altehrwürdigen Mauern und heute ist Prüfungstag - wir werden also freundlich gebeten, auf unserem Rundgang keinen Lärm zu machen. Die Halle hat es uns besonders angetan, sie diente nicht nur als Vorbild für die Halle in den Harry Potter Filmen, sondern hier wurden auch einige der Szenen gedreht.
Nach so viel Kultur haben wir uns wieder einige Stunden Freizeit verdient und es gibt ja noch so viel zu entdecken: den historischen Covered Market mit interessanten Läden, die Buchhandlung Blackwell's, weitere Colleges (mit ihren Gärten) und wer noch mehr gärtnerische Entzugserscheinungen hat: der Botanische Garten von Oxford ist der Älteste Grossbritanniens und immer einen Besuch wert.
Mit vielen neuen Eindrücken und einigen Souvenirs in der Tasche kehren wir am frühen Abend in unser Hotel zurück, gerade rechtzeitig, um das erste Spiel der deutschen Fussballmannschaft bei der WM mitzuerleben. Nach dem 4:0 lassen wir uns unser letztes gemeinsames Abendessen besonders gut schmecken.
17.06.2014
Nur noch ein Programmpunkt steht heute auf unserem Plan: 'Blenheim Palace', Geburtsort von Sir Winston Churchill und eines der bekanntesten Schlösser Englands. Von der imposanten Grösse können wir uns bereits bei der Einfahrt überzeugen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde der Palast als Geschenk erbaut für den ersten Duke von Marlborough für seinen Sieg bei der Schlacht von Blindheim an der Donau. Rund 50 Jahre später wurde Lancelot 'Capability' Brown mit der Umgestaltung des Gartens beauftragt - hier warteten rund 810 ha darauf, von ihm in ein Gesamtkunstwerk Naturlandschaftspark verwandelt zu werden. Die Barockgärten ersetzte er durch Rasenflächen, der in einen Kanal gezwängte Fluss Glyme wurde als See aufgestaut und über eine Kaskade fliesst bis heute das Wasser wieder in das ursprüngliche Flussbett ab, Baumgruppen geben dem Gelände Struktur und verschiedene Sichtachsen leiten den Blick auf besonders markante Punkte. Ende des 19 Jahrhunderts wurden wieder Parterregärten um den Palast angelegt, der Wassergarten im Stil des Barock auf der Ostseite des Gebäudes entstand erst 1930. Auch der Rosengarten wurde wieder zum Leben erweckt, wie wir an der beeindruckenden Blütenpracht sehen können.
Nach einer frühen Mittagspause im Palastcafe heisst es nun aber endgültig Abschied nehmen. Chris und Susan bringen uns sicher wieder zurück zum Flughafen Heathrow, von wo wir mit vielen Eindrücken und neuen Ideen am späteren Nachmittag unsere Heimreise antreten.
Weitere Bilder unserer Reise finden Sie derzeit nur auf unserer Facebook Seite, da unsere Bildergalerie komplett überarbeitet wird. Wenn Sie Lust bekommen haben, uns auf einer der nächsten Gartenreisen zu begleiten, schauen Sie doch in unser aktuelles Angebot - bestimmt ist auch für Sie etwas passendes dabei.
Ach ja, da fehlt ja noch etwas: Princess Kate, Klematis - rund 60 cm hoch einschliesslich Topf und Stützstab.
Ich habe den Topf mit der Erde in eine Tüte gesteckt und zugebunden und die empfindlicheren Triebe mit einem Stück Noppenfolie gesichert - was man als Reisebegleitung nicht alles im Koffer dabei hat... Das ganze Konstrukt steckt in einer grösseren Plastiktüte und so stehe ich nun an der Sicherheitskontrolle am Flughafen Heathrow. Den Topf lege ich in eine der Schalen, die durch das Röntgengerät geschoben werden, ein Teil des Stabs und die oberen Triebe ragen über die Schale hinaus. So entwickelt sich folgendes Gespräch mit dem zuständigen Sicherheitsbeamten - der Einfachheit halber gebe ich es in Deutsch wieder:
Sicherheitsbeamter: 'ist das eine Pflanze?'
ich: 'ja, darf ich Ihnen 'Princess Kate' vorstellen.'
Sicherheitsbeamter: 'oh, nett Sie kennenzulernen Prinzessin - und so ganz ohne Protokoll' - nimmt eine zweite Schale, schiebt sie vorsichtig als weitere Stütze unter den überstehenden Teil der Pflanze und meint: 'wir wollen es ihr doch etwas bequemer machen'. Dann dreht er sich um zu seiner Kollegin, die die durchleuchteten Gegenstände im Monitor kontrolliert: 'da kommt jetzt gleich Princess Kate - nicht die - das ist eine Pflanze - fahr sie mal vorsichtig durch, damit nichts passiert' und wünscht der Prinzessin und mir einen guten Flug.
Die Engländer scheinen wirklich über ein besonderes Garten-Gen zu verfügen...
Princess Kate hat die Prozedur und den Flug gut überstanden und fühlt sich in ihrer neuen Heimat offensichtlich sehr wohl. Sie erobert derzeit ihre Rankhilfe, jeden Tag um ein paar Zentimeter mehr und es zeigen sich auch bereits die ersten kleinen Knospen...
Und wie man sieht, haben sich inzwischen (es ist nun Ende Juli) die ersten Blüten geöffnet.